Prozesse öffnen
Eine Bewegung kann entscheidend sein
Das Selbstverständliche zu entdecken – und zu gestalten, ist nicht selbstverständlich. Warum ergebnisoffene Gestaltungsprozesse so spannend sind.
Als wir Anfahrten von Autofahrern auf Tankstellenareale filmten, und diese übereinander kopierten, zeigte sich, dass fast alle Fahrer beim Lenken die Zufahrt zu den Tanksäulen intuitiv in einem bestimmten Bogen nehmen wollten. Auch der anschließende Gang durch den Shop und zur Kasse hatte eine Art Ideallinie. Die Summe der Beobachtungen führte uns zu einem vollkommen neuen räumlichen Service-Design.
Als wir Fischerei-Mitarbeiter beim Umgang mit Fischkisten beobachteten, erfuhren wir, dass sie sich nicht nur eine bessere Ergonomie der Fischkiste, sondern ein Behältnis mit einer viel höheren Wertschätzung für ihren fangfrischen Fisch wünschten. Die überraschende Intensität und Priorisierung dieses Wunsches führte zu einem vollkommen neuen Gestaltungsansatz mit dem Ergebnis der weltweit nachhaltigsten Fischkiste.
Natürlich verlassen wir uns auf unser eigenes Gefühl bei der Entwicklung und Gestaltung neuer Ideen. Um anschließend zu lernen, zu verbessern, zu verwerfen.
Empathic Engineering
Es zieht uns allerdings immer wieder zum Eldorado der Verhaltensforschung im Verlaufe eines Projektes – zum direkten Kontakt mit dem Menschen. Das Entdecken von oftmals unerwarteten, aber im Grunde absolut natürlichen, selbstverständlichen Verhaltensweisen öffnet uns immer wieder neue kreative Spielräume: Die Summe intuitiv ausgeführter Handlungen von Autofahrern auf einer Tankstelle wird zum hochvaliden Verhaltensmuster und damit zur perfekten Vorlage für ein in der Wirkung einfaches, natürliches, selbstverständliches und im Resultat hocheffizientes Design.
Für uns ist die Gestaltung dieses Prozesses, den wir auch „Empathetic Engineering“ nennen, immer wieder hochspannend – und das Ergebnis niemals planbar. Für manche ein Hochrisiko – aus unserer Sicht ein unschätzbarer Wert. Wie gesagt: Manchmal ist eine Bewegung entscheidend.