Store of the Year 2019
Ein Baumarkt mitten ins Wohnquartier
Kann man einen Baumarkt mitten in ein urbanes Wohnquartier hinein gestalten? Wie wirkt er im urbanen Organismus? Wie inszeniert man ihn im modernen stadt-soziologischen Kontext?
Baumärkte führen heute ein Leben an Ausfallstraßen. Mit jedem Meter Entfernung zu den urbanen Wohnquartieren scheinen sie den Bezug zu den individuellen Problemen der Menschen zu verlieren. Der vermeintliche Vorteil einer grenzenlosen Auswahl wird zur zeitraubenden Herausforderung.
Die Rückkehr eines Baumarktes in ein Wohnquartier kann den Mythos der ehemals vielen kleinen Fachhändler um die Ecke nicht wiederbeleben. Aber die Chance, eine ganze Branchenkategorie durch eine nutzerfreundliche Transformation wieder zukunftsfähig in belebten städtischen Vierteln zu verankern, wird in ersten Studien positiv bewertet. Für die weitere Exploration, Konzeption, Gestaltung und Realisierung wird in einem Joint Venture mit dfhn das größte Baumarkt-Labor Deutschlands aufgesetzt.
Lösungen für ein immer flexibleres Stadtleben
Unser Blick geht auf die weltweiten stadt-soziologischen Entwicklungen von genossenschaftlichen Projekten bis hin zu den Rooftop Communities in Hongkong. Über 80 Prozent der Menschheit wird 2050 in Städten leben – die großen urbanen Zentren verdichten sich heute schon extrem. Was bedeutet das für die Bewohner? Weniger Raum, weniger Dinge. Aber auch: Mehr daraus machen, mehr teilen, mehr gemeinsam und mehr flexibel.
Wir erfahren, wie Maker-Movements entstehen, wie das Selbstlernen, das Improvisieren und vor allem, wie das Teilen funktioniert. Wir erfahren, dass Stadtmenschen als Wohnungsmieter und Balkonbewohner ganz andere Bedürfnisse haben als Haus- und Gartenbesitzer. Das sie öfter umziehen, ihre Jobs und ihren Beziehungsstatus öfter wechseln. Und lernen, dass die Menschen in der Stadt vor allem eines suchen: Einfache, unkomplizierte, schnelle, variable und teilbare Lösungen zur Optimierung eines immer flexibleren und unvorhersehbareren Lebens. Und dass sie die Ausgestaltung des täglichen Wohnlebens kreativ und handwerklich gelingsicher erleben möchten.
Ein radikaler Gegenentwurf für das Wohnquartier
In der Summe unserer Explorationen entsteht ein vollkommen neues Verhaltensmuster künftiger Baumarkt-Nutzer: Mit Freiräumen, Erlebnisräumen, Spielräumen, Beziehungsräumen und Handlungsräumen. Und führt zu den Leitlinien eines radikalen Gegenentwurfs zu bestehenden Baumarkt-Konzepten:
- Einladende Übersichtlichkeit statt bedrohliche Regalschluchten
- Kuratiertes Sortiment statt erschlagender Vielfalt
- Produktwirkungserlebnisse statt bezugslose Warenpräsentation
- Einkaufssicherheit statt Trial & Error-Käufe
- Echtes Lösungsinteresse statt Stop & Go-Beratung
In der Projektion entsteht das Bild des coolen Nachbarn HORST, den man gerne fragt, wenn man ein Problem hat. Einer, von dem man weiß, dass er eigentlich nur darauf wartet, dass man ihn anspricht, sofort mit seinem Wissen und Können begeistert loslegt, und auch noch durch seine supermoderne technische Ausrüstung überrascht. Und genau das wollen wir: Überraschen!
Das größte Baumarktlabor Deutschlands
In der Halle unseres Studios entstehen die ersten Pretotypes. Parallel dazu der 1:1 Modellbau mit dem Ladenbauer und unserem Team in einer weiteren großen Halle. Zukünftige Nutzer und Lieferanten sind von Beginn an dabei – ein kollaborativer Prozess. Stück für Stück entsteht für 800qm Verkaufsfläche ein wabenförmiger, modular anpassbarer und damit nachhaltiger Grundriss. Das Gefühl für die Bewegung der Menschen im Raum und die Wahrnehmung des Sortiments bestimmen die Architektur.
In dieser Phase entstehen hunderte neuer Ideen zur Emotionalisierung des Do-it-yourself-Erlebnisses: Vom begehbaren Farbfächer für Wandfarben statt kleiner Farbschnipsel, dem „Verbinden“-Häuschen mit einem Für-alle-Fälle-Schraubensortiment, der schwebenden Lichtkuppel zur Auswahl der idealen Beleuchtung, einem realen Balkon zum Einrichten und Dekorieren, Werkzeuge zum Testen und Ausleihen, dem Handwerkerservice Kümmerling, den CNC-Fräsen zur Herstellung eigener Produkte vor Ort bis zum mit eigenen Motiven bedruckbaren WC-Sitz. Horst ist ein Labor. Viele Baumärkte halten 50.000, manche sogar 100.000 Produkte bereit. Bei HORST tun es 16.500.
Im modularen Grundriss und den extrem übersichtlich um die Erlebnis-Elemente angeordneten Produkte liegt das Neue: Wie fühlt sich die Farbe an, wie wirkt das Licht, welchen Nutzen hat die Metallschraube, wie lässt sich die Maschine bedienen, wie passt der Grill auf den Balkon, was kann man alles mit einem Laser, einem Drucker, einer Säge machen.
‚Wozu, wie, womit‘ ist die Reihenfolge für ein in Deutschland einmalig innovatives Baumarkt-Entwicklungskonzept, das 2018 als der neue Nachbar HORST in Hamburg-Bahrenfeld in ein urbanes Wohnquartier einzieht.
“Wir wollten komplett mit den menschenfeindlichen Regalschluchten brechen und eine übersichtliche Landschaft mit zentralen Plätzen schaffen, die man überblickt und mit Freude durchläuft, ohne sich zu verlieren.”
Arne Schultchen
Store of the Year 2019
Der Handelsverband Deutschland hat HORST als “Store of the Year 2019“ in der Kategorie “Home + Living“ ausgezeichnet. Die Jury lobt die konsequente Emotionalisierung des Themas “Baumarkt“, die intuitive und nachhaltige Ladengestaltung sowie den motivierenden Appell an die Kreativität der Kunden.
„Do-it-yourself wird zu einem Sehnsuchtsfeld: Je komplexer, digitaler und virtueller unsere Lebenswelt wird, desto kostbarer sind die Ergebnisse, die wir mit den eigenen Händen erschaffen. HORST bietet daher genau den Menschen eine zentrale Anlaufstelle, die Wert auf Individualisierung, Erlebnis und Service legen.“